(Ausstellungstext)
Bene Bene oder
Bauhausclown oder
Bene Superstar Braun
Benedikt Braun ist mega. Benedikt Braun mixt. Seine Diplomausstellung „megamix*“ – für die eigens die Galerie Artloch gegründet wurde – vereint Videos, Installationen, Fotografie und Objekte ohne Netz und doppelten Boden. Inhalt und Form sitzen passgenau und faltenfrei. Seine Arbeiten gehen über den Kopf direkt in den Bauch. Entweder macht sich ein ungutes Gefühl breit (Weltverbesserung) oder das Zwerchfell beginnt erst schwer dann immer ausgelassener zu tanzen (Ein Jesus Christus). Benedikt Braun ist Bauchmensch, das heißt er hat einen, vertraut aber auch voll und ganz auf ihn. Danke!
Das Studium der Visuellen Kommunikation an der Bauhaus-Universität Weimar beendete er mit „Luxuskunst vs. Weltverbesserung“ und dem Wunsch Künstler zu sein. Künstler ist er. Der Weg zum Studium der Freien Kunst die logische Konsequenz. Seine Diplom betitelt er mit „Ich bin der Geilste. Beruf: Künstler?“
Die Diplomarbeit gliedert sich in zwei Ausstellungen: „megamix* – Eine Ausstellung von Benedikt Braun“ in der Galerie Artloch für Temporary Arts am Graben und „Tempel des Lichts“ im Deutschen Nationalkiosk am Sophienstiftplatz in Weimar. Beide Ausstellungen sind zeitlich begrenzte Interventionen im öffentlichen Raum und neue Strategien Kunst, Wort wörtlich an die Menschen zu bringen.
Im Tempel des Lichts überidentifiziert und multipliziert sich Braun mit sich selbst und bietet sein überhöhtes Ich in Form von diversen Produkten mit seinem Konterfei zum Ausverkauf an. Der Kiosk erhebt sich in neuem, nationalem Licht. Die Farbigkeit Rot-Weiß-Schwarz und die überdimensionalen Konterfeis des Künstlers verweisen klar auf den nationalsozialistischen Führerkult. Die clownsähnlichen Bauhaus-Nasen parodieren diese Szenerie. Der Kunstausverkauf hat begonnen: Böller, Luftballons und bekannte Merchandise-Produkte wie Mousepads, Kochmützen und Mädchenkleider werden mit Brauns Gesicht gelabelt. Überhöhung und Überidentifizierung haben Einzug gehalten und werden sogleich ausverkauft. Die Böller verweisen dabei auf Selbstmordattentäter, die Luftballons auf die Hindenburg und die Post-its auf den Künstler, den wir nicht vergessen sollen oder besser wollen.
Beim „megamix*“ begrüßen den Besucher die Bauhausclowns erneut. Nur Dings und Bums stören den Braunkult. Die beiden Böller symbolisieren die arabische Welt im Kampf mit dem Westen. Oder den Kampf des Westens mit der arabischen Welt.
Die Ausstellungskonzeption arbeitet sich an den Themen Weltverbesserung, Kunstkritik, Revolution, Religion, Arbeit und Motivation ab. Nicht zu vergessen – dem Ich Brauns.
Die erste Werkgruppe behandelt Probleme, die seit der Wende in den Neuen Bundesländern evident sind:
„Arbeit, Arbeit Kampf,
Arbeit, Arbeit Kampf,
Arbeit, arbeitslos“
und die Deutsche Einheit in Gestalt von Brauns Vorschlag für das Einheits- und Freiheitsdenkmal in Berlin. Zwei mit Tierbeinen zu Lebewesen gemachte Holzkisten gehen aufeinander zu. Arbeitskampf hingegen zeigt willenslose und manipulierbare Besucher einer Ausstellung im Forum junge Kunst in Dringenberg, die Braun den oben genannten Schlachtruf skandieren lässt, bis auch der letzte mitmacht. Ein Motivationstraining für Motivationslose.
Nach der innerdeutschen Thematik geht es direkt zur Revolution. Der braune Don Quijote reitet voran, doch leider erstickt die Revolooption im Dreh um sich selbst an sich selbst und legt sich wachhundgleich zum Schlafen. Die Revolution beginnt nicht.
Der Staubsauger Braun & Sauber hält Persilscheine für jeden bereit, denn Nach dem Dritten reichts. Die schwabacher Fraktur und die Farbigkeit des T-Shirts kokettieren erneut mit dem Nationalkult, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs sofort kippt und in pure Angst um den Persilschein endet.
Die heiligste Werkgruppe enthält neben sakralen Objekten ein Video mit Jesus Braun Superstar, der ohne Ablass „Es gibt nur ein Jesus Christus“ singt. Dabei steht er mit ausgebreiteten Armen da. Das Vogelhaus nimmt die Kreuzform auf und parodiert so erneut die christliche Religion. Wenn Kunst die weltliche Ersatzreligion ist, dann zeigt Braun trotz des Versuchs der Rahmensprengung die Unfähigkeit der Kunst, in die heiligen Fußstapfen der Weltreligionen zu treten.
Die Videoinstallation Weltverbesserung setzt dem eine Krone auf. 16 in Reih und Glied aufgehängte Spanking Paddel tragen die einzelnen Buchstaben des Wortes Weltverbesserung. Die Paddel finden sich in dem Video wieder. Jede einzelne Paddel gleitet in Slowmotion auf einen Hintern, dessen Hälften nach und nach apfelbäckchenrot werden. Ob das zur Weltverbesserung beiträgt?
Das Werkpaar In der Ecke ändert sich alles und Nichts geht mehr thematisiert die räumliche und die evolutionäre Begrenzung. In die Ecke gedrängt sind gewohnte Gedankengänge nicht mehr möglich und man wird zu alternativem Denken gezwungen. Die 6m langen Krücken andererseits könnten nur als Gehhilfen für Riesen dienen. Allerdings lässt die Beziehung der Planetenmasse und der Größe der Lebewesen menschliche Riesen in derartiger Größe nicht zu, denn bei einem Sturz aus dieser Höhe ist der Tod gewiss. Dann geht nichts mehr.
Das beste zum Schluss: Die Werkgruppe um die Cash Cow zeigt das Selbstverständnis der Thüringer Kleinstaaterei und Kleingeisterei. Der Thüringer Teufel trägt dabei selbstverständlich Rostbratwürste als Hörner. Das Feuer an den Wurstenden wird bei ihm zum Heiligenschein. Die Cash Cow spuckt während dessen emsig Kupfermünzen aus, ganz anders als sein entfernt verwandter Goldesel. Die menschlichen Tauben sammeln die Münzen ebenso emsig wieder auf. Womit der Kreis zu
„Arbeit, Arbeit Kampf,
Arbeit, Arbeit Kampf,
Arbeit, arbeitslos“
wieder geschlossen wäre.
Benedikt Braun ist Kunstkritiker, sein Megaphon ist Kunst.
Die Kritik richtet sich gegen die Beliebigkeit von Kunst und vor allem den Kunstmarkt. Andererseits liebt er das auch, die Freiheit, die mit Beliebigkeit einhergeht. „Kunst macht mich glücklich. Meine Kunst besonders.“ Und deswegen müsste er die Biennalen der Welt bespielen. Er formuliert radikalere Antworten auf die Fragen der Welt, des Zeitgeschehens und des Alltags.
Das Prinzip dabei ist Chaos. (Maxi Kretzschmar)
Der Katalog unter www.benediktbraun.de