Essay über die #likeziger Kreativwirtschaft

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Waggon One
Wer in Leipzig aufgewachsen ist, hatte die großen Backsteinzähne und Betonnasen als Nachbarn und Draußenspielfreunde. Industriekultur heute mäandert dem Auenwald gleich seit dem Aufkommen der ersten Webstühle durch das gesamte Stadtgebiet und das Leipziger Land. Die Helden-, Studenten-, Messe- und Buchstadt ist spätestens seit der Erteilung des Messerechts ein wichtiger Katalysator für Innovationen und Trends. Seit der Universitätsgründung studieren junge Menschen aus allen Kulturen in einer Universität, die bereits Johann Wolfgang von Goethe (1765 bis 1768), Ernst Bloch (1949 bis 1961) und Angela Merkel (1973 bis 1978) besuchten. Fazit Goethe: ” Mit dem Wissen wächst der Zweifel.” Er ging über Frankfurt, Straßburg und Wetzlar schließlich auf Einladung von Herzoginmutter und Mäzenin Anna Amalia 1775 nach Weimar ohne Zweckbestimmung. Nach kurzer Zeit machte er mit Herzog Karl August gemeinsame Sache und gemeinsam mit Anna Amalia legte das Dreiergespann die Baiss für die Weimarer Klassik, indem sie jeden mit Rang und Namen in der aufkeimenden deutschen Kulturlandschaft und Intellektuelle in das beschauliche Weimarer Stadtschloss, die Anna Amalia Bbliothek und das Wittumspalais zu Laientheater, Kammerkonzerten und Salonabenden einlud. Noch heute zeugt der Salon Pink im Weimarer Gaswerk, geleitet von HP Großmann und Canan Yilmaz, von der knapp 250-jährigen Tradition der Kulturpflege (http://www.schwansee92.de/).
Goethe übernahm zahlreiche Ämter, unter anderem die Leitung der Kunstschule von Friedrich Justin Bertuch. Bertuch gilt als Verleger und Mäzen und spielt eine entscheidende Rolle in der frühen deutschen Kreativwirtschaftsszene zur Jahrhundertwende um 1800. Der Studienabbrecher Bertuch übersetzte “Don Quichotte” ins Deutsche und verlegte es 1774 selbst. Abgesichert durch seinen Staatsdienst als Verwalter der herzoglichen Privatfinanzen bis 1796 gründete er 1776 die “Fürstliche freie Zeichenschule Weimar”, dessen Leitung er 1788 an keinen geringeren als Goethe abgab, der bereits zu seiner Ankunft in Weimar im deutschsprachigen Raum sehr bekannt war. Bertuch produzierte zudem im heutigen Weimarhallenpark unweit des aktuell im Bau befindlichen Neuen Bauhausmuseums Seidenblumen und das erste Mode- und Lifestylemagazin und vertrieb über seinen Verlag in ganz Europa.
Im “Journal des Luxus und der Moden” fanden neben seinen Kunstblumen auch technischen Neuerungen und Wohnungseinrichtungen ihren Platz. Das Journal gilt als die erste Illustrierte im deutschsprachigen Raum. Bertuch beschäftigte zeitweise 10 % der gesanmten Weimarer Bevölkerung inkl. dem Hofstaat. Sein unternehmerisches Handeln beschreibt er als: „ein unfehlbares Mittel, die deutsche Industrie zu beleben und Nahrung und Wohlstand unter uns zu verbreiten“. Bertuch: „Ich verstehe unter Landes-Industrie-Institut eine gemeinnützige öffentliche oder private Anstalt, die sichs zum einzigen Zwecke macht, teils die Natur-Reichtümer ihrer Provinz aufzusuchen und ihre Kultur zu befördern, teils den Kunstfleiß ihrer Einwohner zu beleben, zu leiten und zu vervollkommnen. Am besten und für das Land am wohltätigsten werden alle dergleichen Unternehmungen durch kaufmännische Societäten oder sogenannte Aktien-Gesellschaften oder, wenn ihr Objekt nicht so groß ist, bloß durch einen tätigen und geschickten Privat-Mann gemacht.“
Das Tapetenwerk im Leipziger Westen ist eine andere Generation. Gegründet 1873 von Robert und Adolf Langhammer war es zeitweise das zweitgrößte Tapetenwerk in Deutschland. Heute werden schrittweise Räume für Kreative ausgebaut.
Im August 2015 eröffnete mit dem “Grand argentinan Opening” und der ersten Ausstellung “Trias” gemeinsam mit den Künstlern Elmar Karla, Clara Reichertz und Lean Frizzera die Galerie “Hier + Jetzt” im Tapetenwerkshof und die Galeristen Maxi Kretzschmar und Ivo Zibulla gestalten fortan ein interdisziplinäres Ausstellungsprogramm zwischen kalssischem Kunstmarkt und Urban Culture. Die Galerie “Hier + Jetzt” vertritt junge und etablierte Urban Artists.
In wechselnden Ausstellungen zeigen die Künstler Malereien, Grafik, Fotografie und Objekte sowie genreübergreifende Positionen ihres aktuellen Schaffens. Die Künstler verbindet die Lust an der Ästhetik der Straße sowie am zeitgenössischen kunsthistorischen Diskurs.
Neben dem klassischen Ausstellungsbetrieb liegt der Fokus auf der Kunstvermittlung, Beratung und Netzwerkarbeit. Als erstes Projekt im öffentlichen Raum bringen die Galeristen das Urban Culture Projekt “Waggon One – Linie 1″ auf den Weg und machen vor allem den zuweilen tristen Leipziger Westen ein wenig freundlicher, indem beispielsweise am Tapetenwerk seit Galerieeröffnung drei übergroße Superhelden die Wand bewohnen. Ende Okotber kommen ihre Freunde in das ehemalige Lilienthal in Leipzig Großzschocher zur “Saugkultur – eine Initiative gegen Kulturdepression und für freie Entfaltung kreativen Potentials”, um ihre interkulturellen Erfahrungen aus zu tauschen, gemeinsam kreativ zu werden und Freundschaften zu schließen.
So gesehen ist ganz Mitteldeutschland ein Salon, wo mehr Freunde als Kollegen miteinander arbeiten, Agenturen, Galerien, Klubs und Labels betreiben, Festivals und Konzerte organisieren, selbst Kultur machen oder dem kreativen Nachwuchs eine Bühne bieten. Salon #likezig – Die Kreativfabrik!

Das #huj-Netzwerk:
Ungestalt www.ungestalt.de
Kreatives Leipzig e. V. www.kreatives-leipzig.de
Maxi Kretzschmar/Saugkultur www.saugkultur.org
Joachim Bartz www.wagebundt.com
Tapetenwerk www.tapetenwerk.de

Autorin: Maxi Kretzschmar (Kunst- und Kulturmanagerin, www.saugkultur.org)

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